Freitag, 14. Juni 2019, 19:00 Uhr
Unter den sozialistischen Siedlungsprojekten des langen 19. Jahrhunderts nimmt die frühe Kibbuzim-Bewegung eine Sonderstellung ein. Im Gegensatz zu den meisten anderen Projekten, die nach wenigen Jahren wieder eingingen und weitestgehend in Vergessenheit geraten sind, kann die Kibbuzim-Bewegung auf eine über hundertjährige Tradition zurückblicken – wenn auch mit einigen Brüchen und Modifikationen der Ursprungskonzepte. Als Ursprünge werden allgemein der (politische) Zionismus und sozialistisches Gedankengut, d.h. konkret eine spezifisch jüdisch-nationale Spielart des Sozialismus (z.B. die Ideen von David Aaron Gordon), benannt. Die erste Generation jener Bewegung war aber z.T. auch noch stark von (libertär-)sozialistischem Gedankengut inspiriert – u.a. durch Kropotkin, dessen Abhandlung über die Landwirtschaft recht früh in jenen Kreisen auch ins Hebräische übersetzt wurde, und durch die Siedlungsideen von Gustav Landauer, die vor allem durch seinen engen Freund Martin Buber Eingang in den Diskursen fanden. Der deutsche Anarcho-Syndikalist Augustin Souchy widmete der Kibbuzim-Bewegung nach dem 2. Weltkrieg eine enthusiastisch anmutende Broschüre – und übersah einige kritische Aspekte sowie Fehlentwicklungen, aber ihm ist hoch anzurechnen, dass er das – in jenen Kreisen bislang viel zu wenig rezipierten – Projekt wieder ins Blickfeld rückte.
Vortrag von Maurice Schuhmann mit anschließender Diskussion - Eintritt frei